FAQs

 

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Warum sind die neuen Mindeststandards erforderlich?

Die liechtensteinischen Haushalte weisen im Ländervergleich die höchste Verschuldung im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf. Vor diesem Hintergrund sind Anpassungen notwendig, um die Stabilität im Hypothekar- und Wohnimmobiliensektor in Liechtenstein auch langfristig sicherzustellen. Wenn die Risiken im Zusammenhang mit der hohen Haushaltsverschuldung eintreten, z.B. aufgrund eines starken Anstiegs der Zinsen, wäre dies mit schwerwiegenden negativen Folgen für den Finanzsektor und die gesamte Realwirtschaft verbunden. Für die zukünftige Stabilität des Finanzsektors ist daher eine nachhaltige Kreditvergabe von zentraler Bedeutung. Gleichzeitig schützen die harmonisierten Kriterien auch die Kreditnehmer vor einer Überschuldung, welche im Extremfall zum Verlust der Wohnung bzw. des Hauses führen könnte.

Was sind die wichtigsten Eckpunkte der Massnahmen?

Die neuen Massnahmen zielen in erster Linie auf eine Harmonisierung der Meldestandards der Banken ab. Banken müssen nun Kredite, die bestimmte Mindeststandards nicht erfüllen, als Ausnahmegeschäft (exception to policy, ETP) kennzeichnen und an die FMA melden. Die teilweise neuen Mindeststandards stellen keine strikten Grenzen bei der Kreditvergabe dar, sondern erhöhen die Transparenz und ermöglichen damit eine effektive Risikoüberwachung. Die Mindeststandards betreffen die Beleihung, Tragbarkeit und Amortisation.

  • Beleihung: Die bisherige Höchstgrenze von 80% für Beleihungssätze bleibt bestehen. Ein Beleihungssatz grösser als 80 % ist in Ausnahmefällen möglich, wobei diese Kreditgeschäfte als Ausnahmegeschäft (ETP) qualifizieren.
  • Tragbarkeit: Die Tragbarkeit eines Kredits gilt als nachhaltig, wenn die Ausgaben für die Wohnimmobilie auf Basis des kalkulatorischen Zinssatzes maximal 33% der nachhaltig verfügbaren Einnahmen des Kreditnehmers betragen. Dabei können andere bestehende Vermögenswerte bei der Berechnung der Tragbarkeit berücksichtigt werden. Liegt die Tragbarkeit bei einem Kredit über 37%, so gilt der Kredit als Ausnahmegeschäft (ETP).
  • Amortisation: Die Amortisation hängt zum einen vom Beleihungssatz und zum anderen von der Tragbarkeitssituation des Kreditnehmers ab.
    Beleihung: Die maximale Amortisationsdauer für die 2. Hypothek, d.h. jener Teil der Hypothek, der einen Beleihungssatz von zwei Dritteln übersteigt, wurde von 20 Jahren auf 15 Jahre angepasst. Analog der Schweizer Praxis soll die 2. Hypothek nun innerhalb von 15 Jahren linear amortisiert werden.
    Tragbarkeit: Wenn die nachhaltige Tragbarkeit nicht gegeben ist (d.h. über 33% liegt), kommt eine Amortisationsanforderung von mindestens 1% des Gesamtkreditvolumens pro Jahr zur Anwendung, bis die nachhaltige Tragbarkeit von maximal 33% erreicht ist. Bei bestehenden Krediten gilt diese Mindestamortisationsanforderung erst bei einer Tragbarkeit von über 37%, d.h. wenn der Kredit als Ausnahmegeschäft gilt.

Welche Kredite vergeben werden, liegt ausschliesslich in der Entscheidung der jeweiligen Bank. Es gibt – ganz bewusst – keine Obergrenzen, wie viele Kredite eine Bank als Ausnahmegeschäfte vergeben kann oder darf. Entspricht ein Kredit nicht den Mindeststandards, muss die Bank der FMA die Anzahl und das Volumen dieser Kredite melden. Diese Informationen sind für die FMA entscheidend, um die Risiken der Banken besser überwachen zu können. Sie fliessen ebenfalls in die Gesamtrisikobeurteilung der Banken durch die FMA ein. Durch die höhere Transparenz, die durch die harmonisierten Berichtspflichten geschaffen werden, können die Risiken auch bankspezifisch besser adressiert werden.

Muss ich als Kreditnehmer aufgrund der neuen Mindeststandards nun zusätzliche Amortisationszahlungen leisten?

Wenn die Hypothek zwei Drittel des Beleihungswertes übersteigt oder wenn die nachhaltige Tragbarkeit nicht gegeben ist, sehen die Massnahmen grundsätzlich vor, dass der Kreditnehmer den Kredit so weit amortisiert, bis eine nachhaltige Beleihung und/oder Tragbarkeit erreicht wird. Dies liegt in der Regel sowohl im Interesse des Kreditnehmers als auch der Bank. Sollte dies jedoch für den Kreditnehmer nicht möglich sein, dann hat die Bank diesen Kredit als Ausnahmegeschäft (ETP) zu qualifizieren. Die neuen Mindeststandards verbieten die Vergabe von ETP-Krediten nicht, führen aber zu einer höheren Transparenz und damit zu einer verbesserten Überwachung der Risiken durch die FMA.

Ist eine Amortisation aus Sicht des Kreditnehmers empfehlenswert?

Aus Kreditnehmersicht lohnt sich eine Amortisation aus verschiedenen Gründen. Zum ersten verringern sich durch die Amortisation, bei gleichbleibendem Zinsumfeld, die Zinskosten. Steuerliche Nachteile durch eine Amortisation gibt es nur in Ausnahmefällen, in den allermeisten Fällen überwiegt der Vorteil durch geringere Zinskosten deutlich (siehe dazu Anhang im PDF). Zum zweiten sichert sich der Kreditnehmer auch gegen das Risiko von steigenden Zinsen ab, welche das Haushaltsbudget stark belasten können. Zum dritten erhöht der Kreditnehmer seine eigene Widerstandsfähigkeit gegen einen Rückgang des eigenen Einkommens, z.B. durch Unfall oder Krankheit. Zudem schützt eine Teilamortisation auch vor erhöhten Amortisationszahlungen, die fällig werden können, falls die Bank bei der regelmässigen Neubewertung der finanzierten Liegenschaft einen Wertrückgang feststellt, z.B. aufgrund einer negativen Marktentwicklung.

Wird es nun schwieriger, eine Immobilie zu erwerben?

Die neuen Mindeststandards erschweren den Erwerb einer Immobilie nicht, da jederzeit Ausnahmen möglich sind. Das Ziel der neuen Mindeststandards ist, die Kredite über die Zeit auf ein nachhaltig tragbares Niveau zu bringen, auch wenn dies bei manchen Krediten nur über einen längeren Zeitraum hinweg erreichbar ist. Sollten Kreditnehmer die vorgesehenen Amortisationsanforderungen nicht erfüllen können, können diese Kredite weiterhin vergeben werden, müssen aber als Ausnahmegeschäft gekennzeichnet werden. In solchen Fällen haben Banken beispielsweise die Möglichkeit, den Amortisationszeitraum zu verlängern oder die Amortisationsbeträge zu reduzieren. Die Massnahmen sehen diesbezüglich keine Obergrenzen für die Anzahl oder das Volumen von ETP-Krediten vor, um zum Beispiel auch jüngeren Kreditnehmern weiterhin den Zugang zum Kreditmarkt zu ermöglichen. Auf diese Weise behalten die Banken die Flexibilität, ETP-Kredite gemäss ihren internen Richtlinien zu vergeben, solange sie dies im Rahmen ihres Risikomanagements für vertretbar halten.

Sind bestehende Hypotheken auch von den neuen Mindeststandards in Bezug auf die Tragbarkeit betroffen?

Auch bestehende Kredite sind von den neuen Mindeststandards betroffen. Die Bank überprüft, wie bereits jetzt schon, die Tragbarkeit von bestehenden Krediten regelmässig, entweder im Rahmen der Wiedervorlage oder auch anlassbezogen. Wenn die Tragbarkeit über 37% liegt, wird der Kredit als Ausnahmegeschäft (ETP) betrachtet und entsprechend von der Bank gekennzeichnet. In diesem Fall ist eine Mindestamortisation von 1% des Gesamtkreditvolumens pro Jahr vorgesehen, bis eine nachhaltige Tragbarkeit von maximal 33% erreicht ist. Ausnahmen sind auch in diesen Fällen jederzeit möglich, wenn die Kredite als ETP gekennzeichnet werden.

Wie hoch sind die Amortisationszahlungen pro Jahr aufgrund der neuen Mindeststandards für die Tragbarkeit?

Die Amortisationszahlungen hängen sehr stark vom individuellen Kredit und der Einkommenssituation des Kreditnehmers ab. Wird der Kredit als Ausnahmegeschäft deklariert, sprich die Tragbarkeit ist über 33% bei Neukrediten bzw. 37% bei Bestandskrediten, empfiehlt die FMA eine Amortisation von 1% des Gesamtkreditvolumens pro Jahr, bis die nachhaltige Tragbarkeit von maximal 33% erreicht ist.

Gehen wir von folgendem Beispiel aus: Ein Haushalt mit einem bestehenden Kredit von einer Million CHF und einer Tragbarkeit von über 37% sollte Amortisationszahlungen in Höhe von 10'000 CHF pro Jahr leisten, bis die Tragbarkeit von maximal 33% erreicht ist. Wie lange diese Mindestamortisation gezahlt werden muss, hängt wiederum von der individuellen Einkommenssituation ab und wie hoch die Amortisationszahlungen sind. Im Falle von Amortisationszahlungen für die 2. Hypothek verbessert sich auch mit der Zeit automatisch die Tragbarkeit. Wird diese Mindestamortisation nicht erreicht, ist die Kreditvergabe nach wie vor möglich, jedoch hat die Bank den Kredit auch in Bezug auf die Amortisationsanforderung als Ausnahmegeschäft zu deklarieren.

Wer war an der Ausarbeitung bzw. Umsetzung der Massnahmen beteiligt?

Die Risikobewertung und die daraus resultierenden Massnahmen zur Adressierung der Risiken im Hypothekarmarkt basieren auf den Ergebnissen einer Arbeitsgruppe mit Vertretern der FMA, des Liechtensteinischen Bankenverbandes (LBV) und der drei systemrelevanten Banken (LGT, LLB, VP Bank). Die Massnahmen werden vom LBV und den systemrelevanten Banken mitgetragen und unterstützt.

Der Ausschuss der Finanzmarktstabilität (AFMS), der die Stärkung der Finanzstabilität in Liechtenstein zum Ziel hat und aus Mitgliedern des Ministeriums für Präsidiales und Finanzen sowie der FMA besteht, hat auf Basis der Ergebnisse der Arbeitsgruppe im Juni 2023 die Umsetzung der Massnahmen bzw. Mindeststandards empfohlen. Die FMA hat die Empfehlungen des AFMS im Rahmen einer Mitteilung und die Regierung durch die Abänderung der Bankenverordnung entsprechend umgesetzt.

Ab wann gelten die neuen Massnahmen?

Die angepasste Bankenverordnung, welche die Anpassung der Amortisationsdauer für die 2. Hypothek nun innerhalb von 15 Jahren vorsieht, ist am 1. November in Kraft getreten und somit ab diesem Zeitpunkt anzuwenden. Die FMA-Mitteilung, welche die Mindeststandards in Bezug auf die Tragbarkeit regelt, trat grundsätzlich am 1. November 2023 in Kraft, wobei entsprechende Übergangsfristen bis zum 1. Juli 2024 zur Anwendung kommen.

 

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