FAQs

Was sind die Vorteile der Errichtung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft?

Vermögensverwaltungsgesellschaften sind EWR-weit anerkannte Finanzintermediäre, deren rechtliche Grundlagen auf EU-Recht basieren. Daraus folgt, dass die Vermögensverwaltungsgesellschaften mittels ihres „EU-Passes" von der Niederlassungsfreiheit sowie dem freien Dienstleistungsverkehr profitieren können. Das bedeutet, dass Vermögensverwaltungsgesellschaften ohne grossen bürokratischen Aufwand im gesamten EWR Niederlassungen errichten bzw. ihre Dienstleistungen erbringen können.

Weiters unterstehen Vermögensverwaltungsgesellschaften einer anerkannten, prudentiellen Aufsicht. Dies wiederum erleichtert den Markteintritt bei Drittstaaten.

Ein weiterer Vorteil ist, dass Vermögensverwaltungsgesellschaften sich im Rahmen der Dienstleistungserbringung auch vertraglich gebundener Vermittler bedienen können.

Was ist ein „professioneller Kunde“; was ist ein „nicht professioneller Kunde“?

Bei den Kunden wird zwischen professionellen und nicht professionellen Kunden unterschieden. Diese Unterscheidung ist wichtig hinsichtlich des Schutzbedürfnisses der Kunden. Nicht-professionelle Kunden brauchen mehr und anschaulichere Informationen zu den Anlageprodukten sowie hinsichtlich der unterschiedlichen Risiken. Professionelle Kunden hingegen würden als Kenner der Finanzinstrumente und Wertpapierdienstleistungen zu umfangreiche Informations- und Aufklärungspflichten als unangebracht und sogar als geschäftshinderlich empfinden. Den Umfang der Erleichterungen hat die Regierung mit Verordnung festgelegt.

Wie werden die Anleger im VVG geschützt?

Durch das VVG werden die Anlegerinteressen im Bereich der Vermögensverwaltung, ausserhalb der bereits durch das Bankengesetz bzw. IUG abgedeckten Bereiche dieser Tätigkeit, umfassend geschützt:

  1. Gesellschaften, welche die Dienstleistung der Vermögensverwaltung anbieten wollen, werden im Detail geprüft, bevor sie eine Bewilligung der FMA erhalten.
  2. Die FMA ist verpflichtet, Vermögensverwaltungsgesellschaften dauernd zu beaufsichtigen. Dies wird durch Kontrollen, gesetzliche Auflagen und Meldepflichten sichergestellt.
  3. Das VVG sieht detaillierte Anlegerschutzbestimmungen vor, die von Vermögensverwaltungsgesellschaften bei der Erbringung von Dienstleistungen einzuhalten sind.
  4. Es ist eine eigene Schlichtungsstelle eingerichtet, um Streitigkeiten zwischen Kunden und deren Vermögensverwaltungsgesellschaften effizient, kostengünstig und zielorientiert beizulegen. Die Anrufung der Schlichtungsstelle ist dem ordentlichen zivilgerichtlichen Verfahren vorgelagert.
  5. Mit der Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungs-Stiftung SV, existiert ein Anlegerentschädigungssystem (AES). Bei Eintritt eines "Entschädigungsfalls" werden Anleger bis max CHF 30'000.- entschädigt.
Welche Dienstleistungen kann eine Vermögensverwaltungsgesellschaft erbringen?

Zum Tätigkeitskatalog gehören die Ausübung und Vermittlung folgender Dienstleistungen:

a) Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten

1.) Portfolioverwaltung: 
Portfolioverwaltung ist die Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen eines Mandats des Kunden, sofern diese Portfolios ein oder mehrere Finanzinstrumente enthalten (Art. 4 Abs. 1 Ziff. 2 VVG). Ausschlaggebend ist dabei, dass zumindest ein Finanzinstrument gemäss Art. 4 Abs. 1 Ziff. 10 VVG im Portfolio enthalten ist.

2.) Anlageberatung: 
Anlageberatung ist die Abgabe persönlicher Empfehlungen an einen Kunden entweder auf dessen Aufforderung oder auf Initiative der Vermögensverwaltungsgesellschaft, die sich auf ein Geschäft oder mehrere Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen (Art. 4 Abs. 1 Ziff. 3 VVG). Dazu gehören auch folgende Tätigkeiten:

a.) Portfolioanalyse im Sinne der Analyse von Portfolios, die ein oder mehrere Finanzinstrumente enthalten;

b.) Beratung hinsichtlich Portfolio- und Vermögensstrukturierung (Asset Allocation);

c.) Finanzplanung; die Finanzplanung in diesem Sinne betrachtet die auf Finanzinstrumente bezogenen Aspekte bezüglich Anlagen, Vorsorge, Versicherung, Steuern und Budget gesamtheitlich. Die Teilgebiete werden nicht isoliert analysiert, sondern vernetzt mit ihren Auswirkungen auf die anderen Gebiete dargestellt. Hauptinhalte der Finanzplanung sind die Analyse und die Abstimmung der Ausgaben, der Ersparnisse und der Entwicklung des Vermögens über die Zeit. Die Beratung bei der Auswahl der Finanzinstrumente erfolgt aufgrund der Erkenntnisse aus der Analyse und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Ziele des Kunden;

d.) Fondsselektion.

3.) Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die ein oder mehrere Finanzinstrument(e) zum Gegenstand haben: 
Zur Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die ein oder mehrere Finanzinstrument(e) zum Gegenstand haben, gehören insbesondere der Fondsvertrieb und die Vermittlung anderer Wertpapiere im Sinne der Weiterleitung von Zeichnungsscheinen und Aufträgen. Dabei handelt es sich ausschliesslich um die Übermittlung von Aufträgen und niemals von Vermögenswerten.

4.) Ausführung von Aufträgen im Namen des Kunden:
Diese Tätigkeit umfasst den Abschluss von Vereinbarungen, ein oder mehrere Finanzinstrumente im Namen von Kunden zu kaufen oder zu verkaufen. Davon umfasst ist auch der Abschluss von Vereinbarungen über den Verkauf von Finanzinstrumenten, die von einer Wertpapierfirma oder Bank zum Zeitpunkt ihrer Emission ausgegeben werden. Nicht umfasst ist die blosse Übermittlung von Wertpapieraufträgen durch die Vermögensverwaltungsgesellschaft an die depotführende Bank im Rahmen einer Portfolioverwaltung, wenn die depotführende Bank diese Aufträge dann entsprechend ausführt.

b) Nebendienstleistungen

1.) Wertpapier- und Finanzanalyse oder sonstige Formen allgemeiner Empfehlungen, die Geschäfte mit Finanzinstrumenten betreffen, die der direkten Kundenbetreuung dienen: Unternehmen, die gewerbsmässig Analysetätigkeiten erbringen, benötigen eine Bewilligung gemäss VVG, wenn die Analyseergebnisse direkt der individuellen Kundenberatung dienen und als Empfehlungen an Kunden weitergegeben werden.

2.) Beratung von Unternehmen hinsichtlich der Kapitalstrukturierung, der branchenspezifischen Strategie und damit zusammenhängender Fragen sowie Beratung und Dienstleistungen bei Unternehmensfusionen und -aufkäufen.

In welcher Rechtsform ist eine Vermögensverwaltungsgesellschaft zu errichten?

Die Vermögensverwaltungsgesellschaft ist in der Rechtsform einer Verbandsperson - dazu zählen auch das Treuunternehmen und die europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) -, einer Kommandit- oder Kollektivgesellschaft zu errichten. Ausgeschlossen ist die Vermögensverwaltung durch Einzelunternehmen (natürliche Personen).

Gründung und Betrieb einer Vermögensverwaltungsgesellschaft

Zum Betrieb einer Vermögensverwaltungsgesellschaft bedarf es einer Bewilligung durch die FMA. Diese wird erteilt, wenn die Voraussetzungen gemäss Art. 6 VVG erfüllt sind. Zu den Bewilligungsvoraussetzungen zählen neben einer Gesellschaft mit Sitz und Hauptverwaltung in Liechtenstein eine in personeller und räumlicher Hinsicht angemessene Betriebsstätte sowie eine für die Erfüllung ihrer Aufgaben geeignete Organisation.

Die mit der Verwaltung und Geschäftsführung betrauten Personen haben in fachlicher und persönlicher Hinsicht Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit zu bieten. Die Geschäftsführung hat dabei in der Regel aus mindestens zwei Personen zu bestehen, die tatsächlich und leitend in der Gesellschaft tätig sein und die Voraussetzungen nach Art. 7 VVG erfüllen müssen. Sollte die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer vorsehen, so ist der Nachweis der wirksamen, soliden und umsichtigen Führung der Gesellschaft unter angemessener Berücksichtigung der Kundeninteressen und der Marktintegrität zu gewährleisten. Ausserdem ist nachzuweisen, dass bei Verlust der Handlungsfähigkeit des Geschäftsleiters der Fortbestand der Vermögensverwaltungsgesellschaft durch eine geeignete Stellvertretungs- bzw. Nachfolgeregelung ununterbrochen gesichert ist (Art. 7 Abs. 1b VVG).

Zu den Voraussetzungen an mindestens einen der Geschäftsführer nach Art. 7 Abs. 1a VVG zählen neben dem EWR- oder Schweizer Staatsbürgerrecht insbesondere, dass dieser unter Berücksichtigung seiner weiteren Verpflichtungen, der Organisation der Gesellschaft und seines Wohnorts gesamthaft in der Lage ist, seine Aufgaben in der Vermögensverwaltungsgesellschaft einwandfrei zu erfüllen. Auch hat er auf Grund seiner Ausbildung und seiner beruflichen Laufbahn fachlich für die vorgesehene Aufgabe ausreichend qualifiziert zu sein. Die einschlägige praktische Betätigung hat mindestens drei Jahre Vollzeit zu betragen. Der Geschäftsführer hat mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet zu werden und sich mit einem entsprechenden Arbeitspensum tatsächlich am inländischen Sitz zu betätigen.

Neben der Erfüllung der Anforderungen an die Geschäftsleitung sowie an das Leitungsorgan (Art. 7a VVG) sind unter anderem ein tragfähiger Geschäftsplan samt organisatorischem Aufbau der Gesellschaft vorzulegen, ein Wirtschaftsprüfer zu bestellen, die Eigentumsverhältnisse an der Gesellschaft offenzulegen, der Nachweis über eine angemessene Eigenmittelunterlegung nach Art. 8 VVG sowie über Eigenkapital von mindestens CHF 100'000 zu erbringen.

Nähere Ausführungen zu den Bewilligungsvoraussetzungen finden sich in der entsprechenden Wegleitung.

Was sind die Voraussetzungen an die Geschäftsführung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft?

Unter Geschäftsleitung ist die tatsächliche Leitung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft durch eine natürliche Person zu verstehen. Die Anforderungen auf Ebene Geschäftsleitung sind in Art. 7 VVG geregelt. Neben der Staatsbürgerschaft (FL, EWR, Schweiz oder andere staatsvertraglich Gleichgestellte) bedarf der Geschäftsführer einer entsprechenden Ausbildung und Praxiserfahrung (mind. 3 Jahre Vollzeit in vergleichbarer Position).

Weiters hat der Geschäftsführer gut beleumundet sowie tatsächlich und leitend in der Gesellschaft tätig zu sein. Der Geschäftsführer hat entweder Gesellschafter (bei Personengesellschaften) oder Arbeitnehmer (bei Verbandspersonen) in einem festen Anstellungsverhältnis zu sein. In Art. 7 Abs. 2 VVG wird festgehalten, dass ein und derselbe Geschäftsführer höchstens in zwei Vermögensverwaltungsgesellschaften tätig sein kann. So wird gewährleistet, dass der Geschäftsführer tatsächlich über ausreichend freie Kapazitäten verfügt, um seine Verpflichtungen einwandfrei wahrnehmen zu können.

Weshalb gibt es im VVG eine Schlichtungsstelle?

Für Streitigkeiten zwischen Kunden und Vermögensverwaltungsgesellschaften wird ein eigenes Verfahren eingerichtet: Zur Beilegung von Streitfällen zwischen Kunden und Vermögensverwaltungsgesellschaften über die erbrachten Dienstleistungen kann die Regierung eine Schlichtungsstelle bestimmen. Diese Schlichtungsstelle hat zur Aufgabe, im Streitfalle zwischen den Parteien auf geeignete Weise zu vermitteln und auf diese Weise eine Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen. Damit nimmt die Schlichtungsstelle die Aufgabe des Vermittlers wahr. Kann die Schlichtungsstelle keine Einigung der Parteien erzielen, so werden die Streitparteien auf den ordentlichen Zivilrechtsweg verwiesen; die obligatorische Vermittlungsverhandlung entfällt.

Können inländische Vermögensverwaltungsgesellschaften im Ausland tätig werden?

Ein wichtiges Element des VVG ist, dass inländische Vermögensverwaltungsgesellschaften die Möglichkeit besitzen, im EWR tätig zu werden; sie können mittels ihres „EU-Passes" von der Niederlassungsfreiheit sowie dem freien Dienstleistungsverkehr profitieren. Das bedeutet, dass Vermögensverwaltungsgesellschaften ohne grossen bürokratischen Aufwand im gesamten EWR Niederlassungen errichten bzw. ihre Dienstleistungen erbringen können.

Was ist ein Legal Entity Identifier (LEI) und wie ist dieser zu beantragen?

Der Legal Entity Identifier (LEI) ist eine international standardisierte und weltweit gültige Kennung für Teilnehmer am Finanzmarkt. Er dient unter anderem dazu, Geschäftspartner (beispielsweise Unternehmen, Banken oder Investmentfonds) eindeutig zu identifizieren, um Meldepflichten gegenüber Aufsichtsbehörden erfüllen zu können. Der LEI-Code ist eine 20-stellige alphanumerische Zeichenfolge, die auf dem ISO-Standard 17442 basiert.

LEIs werden von sog. "Local Operating Units" (LOUs) des globalen LEI-Systems ausgegeben und jährlich erneuert. Da der LEI ein öffentliches Gut ist, besteht unter den LOUs kein Wettbewerb, d.h. die Preise und erforderlichen Angaben unterscheiden sich nicht wesentlich zwischen den LOUs. Eine Liste der Ausgabestellen ist unter folgendem Link zugänglich:
http://www.leiroc.org/publications/gls/lou_20131003_2.pdf
LEI können bei einer beliebigen LOU beantragt werden. Im deutschsprachigen Raum sind WM Datenservice und Bundesanzeiger Verlag GmbH etabliert.

Der Prozess sowie die Kosten zur Erlangung einer LEI sind auf den Internetseiten der Anbieter transparent dargestellt.

Ist ein LEI zu beantragen für im Ausland erbrachte Dienstleistungen?

Pro rechtlich eigenständige Gesellschaft ist der LEI nur einmal zu beantragen. Im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs oder der Zweigniederlassung erbrachte Leistungen erfordern somit keinen LEI im Ausland.

Ausländische Tochtergesellschaften als rechtlich eigenständige Unternehmensteile einer liechtensteinischen Gesellschaft müssen jedoch einen eigenen LEI beantragen um Meldepflichten gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde erfüllen zu können.

Welche Möglichkeiten zur Besetzung der internen Funktionen nach SPG bestehen für Vermögensverwaltungsgesellschaften?

Die Sorgfaltspflichtigen haben eine Ansprechperson, einen Sorgfaltspflichtbeauftragten, einen Untersuchungsbeauftragten und ein Mitglied der Leitungsebene, welches für die Einhaltung des Sorgfaltspflichtgesetzes (SPG) und der Sorgfaltspflichtverordnung (SPV) verantwortlich ist, zu benennen. Die Verpflichtung zur Mitteilung der Einsetzung und des Wechsels dieser Personen gegenüber der FMA wurde neu mit der Teilrevision des Sorgfaltspflichtrechts, welche per 1. September 2017 in Kraft getreten ist, geschaffen.

Die Aufgaben des Untersuchungsbeauftragten sind in Art. 35 SPV definiert und umfassen insbesondere die Pflicht zu internen Kontrollen. Im Rahmen dieser Kontrollen ist im Kern auch zu prüfen, ob die Sorgfaltspflichten korrekt erfüllt wurden. Die korrekte Erfüllung der Sorgfaltspflichten obliegt gem. Art. 34 Bst. a SPV dem Sorgfaltpflichtsbeauftragten. Grundsätzlich sollte die Position des Sorgfaltspflichten und des Untersuchungsbeauftragten nicht durch die gleiche Person erfüllt werden.

Diese Anforderung gilt nicht zwingend für Vermögensverwaltungsgesellschaften, wenn die Compliance-Funktion nach VVG (bzw. der entsprechende Compliance-Officer) gleichzeitig auch die Funktionen des Sorgfaltspflichtbeauftragten und des Untersuchungsbeauftragten ausübt. Grund dafür ist, dass das VVG (bzw. die Vorgaben der MiFID) die Unabhängigkeit der Compliance-Funktion sicherstellt, sodass Vermögensverwaltungsgesellschaften deren Compliance-Funktion zum Sorgfaltspflichtbeauftragten und Untersuchungsbeauftragten bestellen können.

Kann die FMA Standesrichtlinien als verbindlich erklären?

Nein, seit 3. Januar 2018 ist dies nicht mehr möglich.

Die Finanzmarktrichtlinie 2014/65/EU (MiFID II) gibt Regelungen vor, die stark in den Regelungsbereich der Standesrichtlinien eingreift. Die betroffenen MiFID II Bestimmungen geben dem nationalen Gesetzgeber kein Wahlrecht, sodass die von den Standesrichtlinien behandelten Fragen mit der Umsetzung der MiFID II nunmehr weitestgehend im VVG geregelt werden (vgl. BuA 2017/14 Seite 159). Die Notwendigkeit der Möglichkeit zur verbindlichen Erklärung von Standesrichtlinien durch die FMA wurde sohin obsolet, sodass seit 3. Januar 2018 durch die Abänderung des Art. 14 Abs. 3 VVG (LGBl.-Nr. 2017.398) die FMA keine Standesrichtlinien mehr für verbindlich erklären kann.

Neben den Regelungen im VVG finden sich umfangreiche Wohlverhaltensregeln in der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565. Diese ist im Anhang 1 der VVO angeführt und in Liechtenstein direkt anwendbar.

Vorbehalten bleibt die Möglichkeit des VuVL für seine Mitglieder Standesrichtlinien gemäss seinen Statuten zu erlassen.

In welchen Fällen ist ein Verlustschwellenreporting nach Art. 62 Abs. 2 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 auf Ebene Einzeltitel notwendig?

Wertpapierfirmen, die ein Kleinanlegerkonto führen, das Positionen bei kreditfinanzierten Finanzinstrumenten oder Geschäften mit Eventualverbindlichkeiten umfasst, informieren den Kunden, wenn der Ausgangswert des betreffenden Finanzinstruments um 10 % fällt, sowie anschliessend bei jedem Wertverlust in 10 %-Schritten (wiederum vom ursprünglichen Ausgangswert berechnet).

Die Pflicht zum Verlustschwellenreporting auf Stufe des einzelnen kreditfinanzierten Finanzinstruments trifft Firmen, die entweder:

  • die Nebendienstleistung (1) Abschnitt B des Anhangs 1 der MIFID II, nämlich die Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung von Privatkunden, erbringen; oder;
  • ein Konto führen, das die Registrierung bzw. Verbuchung von Kundengeschäften mit Finanzinstrumenten intendiert (im Zusammenhang mit einer für einen Privatkunden erbrachten Wertpapierdienstleistung).

Daraus leitet sich ab, dass Banken, welche Wertpapierdienstleistungen erbringen, und Wertpapierfirmen nach BankG der Meldepflicht nach Art. 62 Abs. 2 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 nachkommen müssen. Bewilligungsträger, die nicht zur Verwahrung von Vermögenswerten berechtigt und nicht zur Führung von Konti zum Nachvollzug der Transaktionen verpflichtet sind, sind demgegenüber von dieser Pflicht nicht tangiert. D.h. Vermögensverwaltungsgesellschaften nach VVG sind nicht verpflichtet, Verlustschwellenreportings auf Stufe des einzelnen kreditfinanzierten Finanzinstruments gegenüber ihren Kunden zu erstatten.

Die Pflicht der Bank oder Wertpapierfirma nach BankG ist sowohl gegenüber direkten Kunden als auch gegenüber Kunden, die Wertpapierdienstleistungen eines zwischengeschalteten Vermögensverwalters (externer Vermögensverwalter) in Anspruch nehmen, zu erfüllen.

Was ist unter kreditfinanzierten Finanzinstrumenten in Art. 62 Abs. 2 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 zu verstehen?

Die delegierte Verordnung (EU) 2017/565 enthält keine Definition für «kreditfinanzierte Finanzinstrumente». In der englischen Fassung wird auf «leveraged financial instrument» referenziert. Nach Ansicht der FMA sind dies Finanzinstrumente, die es erlauben, Risikopositionen einzugehen, die den Anschaffungswert (eingebrachte Eigenmittel, Margin) übersteigen («Hebelwirkung»). Solche Produkte ermöglichen es einem Anleger, mit einem (deutlich) geringeren Kapitalaufwand Basiswerte zu handeln, als der Anleger tatsächlich zur Verfügung hat, z.B. Forex-Handel (Foreign Exchange) oder spezifische Optionen. Regelmässig sind solche «kreditfinanzierten Produkte» mit einer Margin-Nachschussverpflichtung verbunden. Der Margin-Call wird üblicherweise dann ausgelöst, wenn der negative Kursverlauf des Basiswertes einen bestimmten Prozentsatz des eingesetzten Kapitals erreicht.

Als kreditfinanziertes Finanzinstrument gelten aber auch Finanzinstrumente, deren Hebelwirkung sich aus der Tatsache ableitet, dass für den Kauf des Finanzinstruments ein Kredit aufgenommen wurde (kreditfinanziertes Portfolio).

In welcher Frequenz sind dem Kunden die Aufstellung der erbrachten Portfolioverwaltungsdienstleistungen nach Art. 60 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 zu übermitteln?

Die Aufstellung der erbrachten Portfolioverwaltungsdienstleistungen nach Art. 60 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 ist grundsätzlich quartalsweise auf einem dauerhaften Datenträger an den Kunden zu übermitteln. Ausnahmen:

1) Keine Übermittlung (d.h. physische oder E-Mail-Zustellung) ist notwendig, sofern der Kunde Zugang zu einem E-Banking-System hat, welches die Informationen nach Art. 63 Abs. 2 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 enthält und die Wertpapierfirma nachweisen kann, dass der Kunde mindestens ein Mal pro Quartal eine Portfoliobewertung abgerufen hat. (Art. 60 Abs. 3 lit. a Delegierte Verordnung (EU) 2017/565

2) Jährliche Übermittlung, sofern der Kunde ausdrücklich verlangt hat, die Informationen über ausgeführte Geschäfte jeweils einzeln zu erhalten. (Art. 60 Abs. 3 lit. b Delegierte Verordnung (EU) 2017/565) Für Geschäfte mit Derivaten, Emissionszertifikaten oder bestimmten übertragbaren Wertpapieren (andere als Aktien oder Schuldverschreibungen) kommt jedoch die quartalsweise Berichtsfrequenz zur Anwendung.

3) Monatliche Übermittlung, sofern der Vertrag zwischen der Wertpapierfirma und dem Kunden ein kreditfinanziertes Portfolio («leveraged portfolio») zulässt. Die monatliche Übermittlung ist nur erforderlich, sofern das Portfolio tatsächlich kreditfinanziert («leveraged») ist. Andernfalls kommt die quartalsweise Berichtsfrequenz zur Anwendung.

Welches ist der für das Verlustschwellen-Reporting anzuwendende «jeweilige Berichtszeitraum» in Art. 62 Abs. 1 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565?

Der Berichtszeitraum, auf den Art. 62 Abs. 1 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 Bezug nimmt, ergibt sich aus Art. 60 Abs. 3 Delegierte Verordnung (EU) 20171565. Es gilt grundsätzlich ein Berichtszeitraum von drei Monaten. D.h. der Bezugspunkt für das Verlustschwellen-Reporting ist jeweils der Portfoliowert zu Beginn jedes Quartals. Ist ein Bericht nach Art. 60 Abs. 3 lit. a) VO 20171565 nicht aufzustellen, weil die Bank oder Vermögensverwaltungsgesellschaft ihren Kunden Zugang zu einem als dauerhafter Datenträger einstufbaren online-System gewährt, über das der Kunde auf aktuelle Aufstellungen seines Portfolios zugreifen kann, gilt für das Verlustschwellen-Reporting ein dreimonatiger Berichtszeitraum. Ist ein Bericht monatlich zu erstellen, weil das Portfolio kreditfinanziert ist, gilt für das Verlustschwellen-Reporting ein monatlicher Berichtszeitraum.

Das Verlustschwellen-Reporting nach Art. 62 Abs.1 Delegierte Verordnung2017/565 ist aufsichtsrechtlich zwingend ausgestaltet. Vermögensverwalter und Banken können mit ihren Kunden keine abweichenden Bestimmungen über einen längeren Berichtszeitraum treffen. Es ist aber möglich privatautonom ein strengeres Verlustschwellen-Reporting zu vereinbaren, d.h. zusätzliche Bezugspunkte (z.B. year-to-date oder since inception date) vorzusehen.