Zentralverwahrer (CSDR)

Was regelt die Zentralverwahrer-Verordnung?

Ein Zentralverwahrer (Central Securities Depository, CSD) ist ein Unternehmen, das auf die Registrierung und Verwahrung von Wertpapieren sowie auf die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen (Wertpapierabwicklung, englisch: Settlement) auf den Finanzmärkten spezialisiert ist. Zentralverwahrer registrieren neu emittierte Wertpapiere und führen zentrale Wertpapierkonten, auf denen erfasst wird, wem welche Wertpapiere gehören. Eine weitere Dienstleistung ist die Wertpapierabwicklung gegen Barmittel sowie die Abrechnung von Wertpapiertransaktionen auf den Finanzmärkten (Settlement).

Auf dem Depot der Bank des Käufers wird dabei das gehandelte Wertpapier gutgeschrieben und im Gegenzug die geleistete Zahlung an den Verkäufer verbucht. Auf dem Depot der Bank des Verkäufers fliesst die Zahlung zu, gleichzeitig wird das gehandelte Wertpapier aus dem Depot ausgebucht. Zu diesem Zweck betreibt der CSD ein Wertpapierabrechnungssystem, dessen Teilnehmer insbesondere Banken und Zentrale Gegenparteien sind (z.B. Traget 2-Securities in der EU oder SECOM in der Schweiz).

Die Europäische Union beabsichtigt mit der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer (CSD-Verordnung; CSDR) eine Stärkung der zentralen Marktinfrastrukturen in Europa.

Die CSDR, die in der EU am 17. September 2014 in Kraft getreten ist, ist das grundlegende Regelwerk für die Abwicklung von grenzüberschreitenden Wertpapiertransaktionen in der EU. Um eine Harmonisierung des stark fragmentierten Marktes europäischer Zentralverwahrer und damit die Erhöhung von Sicherheit und Effizienz in der Wertpapierabwicklung zu erreichen, regelt die Verordnung im Wesentlichen:

  • Einheitliche Anforderungen an die Lieferung und Abrechnung von Finanzinstrumenten im EWR

  • Vorschriften für die Organisation und Geschäftstätigkeit von Zentralverwahrern

  • Vorgaben für die Zulassung und Aufsicht über Zentralverwahrer sowie die Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden innerhalb des EWR

  • Vorgaben für nationale Sanktionsvorschriften.

Welche Ziele verfolgt die Zentralverwahrer-Verordnung und wer ist davon betroffen?

Die CSDR verfolgt das Ziel, Abwicklungsperioden sowie die Abwicklungsdisziplin zu vereinheitlichen und bestimmte aufsichtsrechtliche Anforderungen an Zentralverwahrer festzulegen, die ein Wertpapierliefer- und -abwicklungsverfahren betreiben. Damit sollen die rechtlichen und operationellen Bedingungen für grenzüberschreitende Abwicklungen im EWR verbessert und der Wettbewerb zwischen den Zentralverwahrern gefördert werden. Sie dient damit der Schaffung eines offenen Binnenmarkts für Wertpapierabwicklungen.
Die CSDR gilt für alle Zentralverwahrer, welche die Lieferung und Abrechnung von Finanzinstrumenten im Hoheitsgebiet des EWR anbieten. Zentralverwahrer aus Drittstaaten, die ihre Dienstleistungen im EWR anbieten wollen, müssen über eine Anerkennung der ESMA verfügen.

Wie findet die CSDR in Liechtenstein Anwendung?

Eine Umsetzung der genannten Verordnung in nationales Recht ist nicht erforderlich, da die CSDR mit Inkrafttreten der entsprechenden Beschlüsse des gemeinsamen EWR-Ausschusses zur Übernahme in das EWR-Abkommen in Liechtenstein unmittelbar gilt. Im nationalen Recht sind lediglich ergänzende Vorschriften betreffend die zuständige Behörde und ihre Befugnisse sowie Strafbestimmungen und Regelungen über die Einhaltung der CSDR zu erlassen. Zu diesem Zweck wurde in Liechtenstein das EWR-Zentralverwahrer-Durchführungsgesetz (EWR-ZVDG) erlassen (LGBl. 2017 Nr. 426). Dieses Gesetz ist gleichzeitig mit dem Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 18/2019 vom 8. Februar 2019 betreffend die Übernahme der CSDR in das EWR-Abkommen am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt gelten auch alle auf Grundlage der CSDR von der EU-Kommission erlassenen Delegierten Rechtsakte bzw. Durchführungsrechtsakte (Level II Rechtsakte), welche mit den Beschlüssen des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 20/2019 und Nr. 83/2019 in das EWR-Abkommen übernommen wurden, unmittelbar.

Wie sind liechtensteinische Marktteilnehmer (Emittenten, Handelsplätze, Banken, Wertpapierfirmen und Zentralverwahrer) betroffen? – ein Auszug über die wichtigsten Pflichten:

Nach Art. 3 CSDR sind Emittenten von zum Handel an Handelsplätzen zugelassenen bzw. dort gehandelten Wertpapieren für die Erfassung dieser Wertpapiere durch Buchungen im Effektengiro verantwortlich, indem die Wertpapiere entweder immobilisiert oder von Anfang in entmaterialisierter Form begeben werden. Bei Ausführung des Geschäfts am Handelsplatz oder bei Übertagung der Wertpapiere als Finanzsicherheit sind die entsprechenden Wertpapiere am oder vor dem vorgesehenen Abwicklungstag im Effektengiro bei einem Zentralverwahrer einzubuchen, falls eine solche Buchung noch nicht erfolgt ist. Die Bestimmung betreffend die Immobilisierung bzw. Entmaterialisierung von Anfang an kommt nach Art. 76 Abs. 2 CSDR ab dem 1. Januar 2023 für übertragbare Wertpapiere, die nach diesem Zeitpunkt emittiert werden, und ab dem 1. Januar 2025 für alle übertragbaren Wertpapiere zur Anwendung. Das Ziel ist, dass spätestens ab 2025 alle an einem Handelsplatz zugelassenen und gehandelten übertragbaren Wertpapiere in entmaterialisierter Form, d. h. als Wertrechte begeben werden. Die Emittenten können wählen, bei welchem EWR-Zentralverwahrer sie ihre Wertpapiere einbuchen lassen, sofern der gewählte Zentralverwahrer die grenzüberschreitende Tätigkeit entsprechend Art. 23 CSDR notifiziert hat (EWR-Pass).

Nach Art. 6 CSDR haben Handelsplätze Verfahren festzulegen, damit relevante Angaben zu Geschäften mit übertragbaren Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten, Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen (OGAW, AIF) oder Emissionszertifikaten an dem Tag bestätigt werden können, an dem das Geschäft ausgeführt wurde. Ungeachtet dessen treffen nach MiFID II zugelassene Wertpapierfirmen gegebenenfalls Massnahmen, um die Zahl der gescheiterten Abwicklungen zu begrenzen. Ebenso treffen Zentralverwahrer Massnahmen um eine fristgerechte Abwicklung der Geschäfte durch seine Teilnehmer zu fördern bzw. um die Abwicklung zu überwachen und Teilnehmer, die gescheiterte Abwicklungen verursachen, zu bestrafen (Art. 7 CSDR). Die Details zur Abwicklungsdisziplin ergeben sich aus der Delegierten Verordnung (EU) 2018/1229. Diese sieht eine Übergangsfrist bis zum 1. Februar 2021 vor.

Nach Art. 9 CSDR haben Abwicklungsinternalisierer, d.h. Banken und Wertpapierfirmen, die Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge für Kunden oder auf eigene Rechnung auf andere Weise als über ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem ausführen, der FMA vierteljährlich den aggregierten Umfang und Wert aller solcher Wertpapiergeschäfte zu melden. Die erste Meldung hat nach der Delegierten Verordnung (EU) 2017/393 am 14. April 2020 für das erste Quartal 2020 mit dem offiziellen Formular zu erfolgen. Genauere inhaltliche Details sind in der FMA-Wegleitung 2019/17– Meldepflicht gemäss Art. 9 CSDR dargelegt.

Nach Art. 10 CSDR werden Zentralverwahrer von der FMA zugelassen und beaufsichtigt. Das Zulassungsverfahren ist in den Art. 17 ff. CSDR geregelt. Alle im EWR zugelassenen Zentralverwahrer werden in einem von der ESMA geführten Zentralverwahrer-Verzeichnis aufgelistet. Soweit Zentralverwahrer auch bankartige Nebendienstleistungen für seine Teilnehmer erbringen möchte, sind die Regelungen nach Art. 54 ff. CSDR zu beachten.

Drittstaatszentralverwahrer dürfen im EWR Dienstleistungen im Wege der Dienstleistungsfreiheit sowie durch Gründung einer Zweigniederlassung erbringen. Für deren Anerkennung durch die ESMA ist ein Gleichwertigkeitsbeschluss der EU-Kommission Voraussetzung, worin die Gleichwertigkeit des Rechts- und Aufsichtsrahmens eines Drittstaats sichergestellt wird (Art. 25 CSDR).

Der Vollzug der CSDR sowie des EWR-ZVDG liegt bei der FMA (Art. 5 Abs. 1 FMAG), die Gebühren und Abgaben ergeben sich aus Anhang 1 und 2 FMAG.